Vorsicht beim Balkonkraftwerk

Die Bundesnetzagentur stieß bei Untersuchungen auf bisweilen massive Mängel bei Wechselrichtern von Balkonsolaranlangen. Deshalb rät die Mittelhessen Netz zur Vorsicht bei der Anschaffung.

Die Zahl der an Balkonen angebrachten Photovoltaikanlagen steigt stetig. Doch mit dieser grundsätzlich positiven Entwicklung geht leider ein bereits relativ weit verbreitetes Problem einher: Expertinnen und Experten der Bundesnetzagentur (BNetzA) haben in verschiedenen Untersuchungen bisweilen massive Mängel bei Wechselrichtern festgestellt. Diese Bauteile sind unabdingbar für den Betrieb von Balkonkraftwerken. Denn sie wandeln den in der Solarzelle entstehenden Gleichstrom in den im Haushalt gebräuchlichen Wechselstrom um.

Vor allem Produkte aus dem Online-Handel
Betroffen sind überwiegend Produkte, die online zu erwerben sind – aber nicht nur. „Die Bundesnetzagentur hat zahlreiche Fälle dokumentiert, bei denen das CE-Kennzeichen, deutsche Bedienungsanleitungen oder Händleradressen fehlen“, erklärt Rüdiger Schwarz, Geschäftsführer der Mittelhessen Netz GmbH (MIT.N), das für den Netzbetrieb zuständige Tochterunternehmen der Stadtwerke Gießen.
Obwohl es sich nur um formale Verstöße handelt, erwächst daraus bereits ein Risiko. Schließlich garantiert das CE-Zeichen die gefahrlose Verwendung des damit ausgezeichneten Produkts. Genau aus diesem Grund müssen alle im Handel erhältlichen elektrischen Geräte dieses Siegel aufweisen. Zudem sollten natürlich alle Nutzerinnen und Nutzer solcher Anlagen, wissen, wie damit umzugehen ist. Eben dafür sorgt eine verständliche Bedienungsanleitung in deutsche Sprache.
 
Missachtungen solch formaler Vorgaben sind aber nicht das einzige Problem im Zusammenhang mit Anbietern von Balkonkraftwerken. „Bei stichprobenartigen technischen Prüfungen der Bundesnetzagentur versagten auch einige Modelle, die mit dem CE-Zeichen daherkommen und in Baumärkten verkauft wurden“, ergänzt Rüdiger Schwarz. Was den Verdacht nahelegt, dass einige Hersteller das Siegel ohne entsprechende Prüfung aufdrucken. Und das kann richtig gefährlich werden. Konkret geht es um Wechselrichter des Herstellers Deye, bei denen das Netz- und Anlagen-Schutzrelais fehlt. Diese Komponente ist aber unbedingt erforderlich. Denn sie sorgt dafür, dass die PV-Anlage bei Problemen mit dem Wechselrichter sicherheitshalber abgeschaltet wird und tatsächlich kein Strom mehr fließt. „Kommt es nicht zu dieser Notabschaltung, bleibt die Solarzelle aktiv und erzeugt bei Sonneneinstrahlung weiter elektrische Energie. Gefährliche Stromschläge oder Brände lassen sich dann nicht mehr ausschließen“, fasst Rüdiger Schwarz das Urteil der Fachleute der BNetzA zusammen.
 
Unbedingt anmelden
Unabhängig von Hersteller und Leistung einer Balkon-PV-Anlage gilt eine gesetzliche Regelung: Wer ein solches Kleinkraftwerk betreibt, muss es im Marktstammdatenregister der BNetzA und beim zuständigen Netzbetreiber, in Gießen und der Region also bei der MIT.N, anmelden. „Zugegeben – das Verfahren ist relativ aufwendig, dient aber einem einzigen Zweck, der Sicherheit“, bringt es Rüdiger Schwarz auf den Punkt. Denn um ihr Netz stabil zu halten, müssen die Netzbetreiber wie die MIT.N wissen, wie viel Strom potenziell in den zahlreichen verschiedenen Solaranlagen entsteht. Ganz davon abgesehen informiert die MIT.N natürlich alle Personen, die eine Balkon-PV-Anlage mit offenbar schadhaftem Wechselrichter gekauft haben und betreiben. „Aber das können wir nur, wenn die Anlage angemeldet ist und wir folglich wissen, welche Komponenten darin verbaut sind“, ergänzt Rüdiger Schwarz. Die Meldung bei der MIT.N ist kinderleicht und schnell erledigt. Ein entsprechendes Formular steht unter www.mit-n.de/einspeisung zum Download bereit. Die Anmeldung einer Anlage bei der BNetzA funktioniert online: www.marktstammdatenregister.de
 
Ein paar Tipps
„Wir möchten nicht tatenlos zuschauen, wie ein paar schwarze Schafe eine grundsätzlich gute Technik in Verruf und Menschen in Gefahr bringen“, führt Rüdiger Schwarz weiter aus. Deshalb hat die MIT.N wichtige Kriterien für den Kauf von Balkon-PV-Anlagen zusammengestellt:


  • Online nur bei seriösen und bekannten Anbietern bestellen. Im Zweifel Informationen bei den Verbraucherzentralen einholen.
  • Prüfen, ob das Produkt mit dem CE-Zeichen versehen ist.
  • Prüfen, ob eine Adresse in der EU angegeben ist, unter der sich der Hersteller oder ein Partner erreichen lässt – auf dem Produkt, auf der Verpackung oder in einem Begleitdokument.
  • Auf Angaben zu AGB, Widerrufs- und Rückgabebelehrungen sowie eine deutschsprachige Bedienungsanleitung achten.
  • Prüfen, ob der Preis im Vergleich zu Konkurrenzprodukten plausibel ist.
  • Dem Händler Fragen zum Produkt stellen. Seriöse Verkäufer antworten schnell und gern.
  • Auf einen in Deutschland verwendbaren, zugelassenen Stecker achten.

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