Trotz Jahresverlust ziehen Stadtwerke Gießen verhalten positive Bilanz für 2008

Zukunftsprojekt auf den Weg gebracht

Auf der Bilanzpressekonferenz der Stadtwerke Gießen AG (SWG) am 1. September 2009 zogen der Aufsichtsvorsitzende Dr. Volker Kölb, der Vorstandsvorsitzende Manfred Siekmann und die Unternehmenssprecherin Ina Weller eine verhalten positive Bilanz für das Geschäftsjahr 2008.

Manfred Siekmann: „Sicher kann man bei einem Jahresverlust von 0,4 Mio. EUR für den SWG-Konzern nicht von einem zufriedenstellenden Ergebnis sprechen. Aber dieses Ergebnis ist geprägt von außerordentlich hohen Rückstellungen für die sogenannte Mehrerlösabschöpfung, die unsere Netztochter Mittelhessen Netz GmbH (MIT.N) auf Basis der Vorgaben des IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.) bilden musste. So wie das Jahresergebnis 2007 durch Sondereffekte sehr stark nach oben verfälscht war, so ist das Jahresergebnis 2008 durch diesen Effekt deutlich nach unten verschoben.“

Mit dem eigentlichen Geschäftsverlauf für das Geschäftsjahr 2008 zeigte sich Manfred Siekmann durchaus zufrieden. Außerdem habe das Unternehmen in 2008 mit dem Strategieprojekt SWG 2015 wichtige Weichen für die Zukunft gestellt.

Jahresergebnis 2008
Der Jahresverlust 2008 beläuft sich in der AG auf 0,8 Mio. EUR und im SWG-Konzern auf 0,4 Mio. EUR. Zum Vergleich: In 2007 hatten AG und Konzern (vor allem beeinflusst durch eine Ertragsteuererstattung für Vorjahre) je einen Jahresüberschuss von 4,8 Mio. EUR ausgewiesen.

Mehrerlösabschöpfung
Der Grund für die erforderlichen Rückstellungen der MIT.N liegt in einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 14. August 2008. Im sogenannten „Vattenfall-Beschluss“ hatte der BGH entschieden, dass die in der Übergangsphase vom verhandelten Netzzugang bis zur Genehmigung vereinnahmten Netzentgelte nicht bei den Netzbetreibern verbleiben sollen. Mit den Rückstellungen in Höhe von 6,4 Mio. EUR weist die MIT.N einen Jahresfehlbetrag von 6,5 Mio. EUR aus. Im Zuge des Verlustausgleichs beeinflusst das auch das Ergebnis der Stadtwerke Gießen AG.

Meilensteine 2008

Strategieprojekt SWG 2015
Um das Unternehmen strategisch einerseits auf die kommenden Herausforderungen (z.B. sinkende Netznutzungsentgelte und steigender Wettbewerbsdruck auf den Strom- und Gasmärkten) einzustellen und andererseits die Möglichkeiten erkennen und ergreifen zu können, haben die SWG in 2008 ein groß angelegtes Strategie-Projekt angestoßen: SWG 2015.

Im Rahmen dieses Projekts wurden Energiedienstleistungen für die Kundengruppen Industrie und Gewerbe, Wohn- und Baugenossenschaften, Kommunen, Wohn-, Alten- und Pflegeheime und Krankenhäuser als neues gewinnbringendes Geschäftsfeld identifiziert. Im Jahr 2008 haben die SWG das Energiedienstleistungspaket unter dem Namen „En5“ bis zur Marktreife entwickelt. Auch die ersten Kunden konnten bereits gewonnen werden (u.a. Caritas Verband Gießen e.V., Gemeinde Heuchelheim, Poppe GmbH & Co. KG und Evangelisches Krankenhaus Mittelhessen gemeinnützige GmbH).

TREA (Thermische Reststoffbehandlungs- und Energieverwertungsanlage)
Generell verfolgen die SWG das Ziel, ihre Eigenerzeugung weiter auszubauen und sich unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu machen. Die TREA ist ein wesentlicher Schritt auf diesem Weg. Im Februar 2008 wurde mit dem Bau der TREA begonnen und seit April 2009 befindet sie sich im Probebetrieb. In der zweiten Jahreshälfte 2009 soll die Anlage den regulären Betrieb aufnehmen und Wärme für rund 6.000 Haushalte liefern.

3. Holzhackschnitzel-Heizwerk
Im Mai 2008 konnten die SWG ihr insgesamt drittes Holzhackschnitzel-Heizwerk in Betrieb nehmen. Die Anlage auf dem Gelände des Stadtreinigungs- und Fuhramts in der Schlachthofstraße erzeugt eine Wärmemenge von 5.500 MWh/Jahr. Das entspricht dem Wärmebedarf von rund 240 Einfamilienhäusern.

Energiezentrale Universitätsklinikum Gießen GmbH
Die Gesellschaft, an der die Stadtwerke Gießen AG und die Rhönklinikum AG, Bad Neustadt an der Saale, zu je 50 % beteiligt sind, wurde am 29. Dezember 2008 gegründet. Unternehmensziel ist der Bau und der Betrieb eines so genannten Hocheffizienzkraftwerks. Dieses weltweit einzigartige Kraftwerk ist eine ideale Kombination aus drei verschiedenen Kraftwerkstypen: einer Hochtemperatur-Brennstoffzelle, einem Blockheizkraftwerk (BHKW) mit Erdgasmotor und einer Absorptionskältemaschine. Das Besondere ist eine intelligente Steuerung, die dafür sorgt, dass alle drei Komponenten immer im optimalen Mix arbeiten. So wird der ausgesprochen gute Wirkungsgrad von knapp 98 % erreicht (zum Vergleich: ein normales Heizkraftwerk erreicht 88-90 %). Die Steuerung wird im Rahmen einer Diplomarbeit der FH Gießen-Friedberg bei den SWG entwickelt.

Erfolgreicher Vertrieb in 2008
Der Stromabsatz an Privat- und Geschäftskunden stieg in 2008 um 5,4 %. Zudem konnten so viele neue Kunden akquiriert werden, dass in 2010 der Stromabsatz voraussichtlich erstmals über 1.000 GWh (= 1 TWh) liegen wird.

Beim Gas haben die SWG in 2008 damit begonnen, Privat- und Geschäftskunden auch außerhalb des Netzgebietes der MIT.N zu akquirieren. Auch hier konnten bereits Kunden gewonnen werden.

Unter dem Markennamen enerGIeßen bieten die SWG ihren Kunden seit 2007 eine ganze Reihe von Dienstleistungen zur Energieeinsparung an. In 2008 haben die Kunden diese Angebote rege genutzt: Über 2.200 Dienstleistungen wurden in Anspruch genommen (z.B. Energieausweis, Thermografie, Blower-Door-Test, E-Check, Planung, Bau & Optimierung von Heizungsanlagen).

Ausblick

Ein Blick in die Zukunft zeigt viele Herausforderungen, aber auch Chancen für die SWG. Wie alle Energieversorgungsunternehmen müssen auch die Stadtwerke Gießen künftig mit weiter sinkenden Netznutzungsentgelten rechnen. Auch der Wettbewerb, insbesondere auf dem Erdgasmarkt, wird sich wohl weiter verschärfen. Gegen diese Herausforderungen sieht sich das Unternehmen durch das Strategieprojekt SWG 2015 gut gerüstet. „Wir sind überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Einerseits haben wir uns z.B. mit En5 erfolgreich neue Geschäftsfelder erschlossen, die die nicht zu vermeidenden Verluste aus anderen Bereichen ausgleichen können. Zum anderen zeigt die Kundenentwicklung der vergangenen Jahre, dass wir uns mit unseren Produkten und Dienstleistungen gut am Markt behaupten konnten“, so Vorstandsvorsitzender Manfred Siekmann.

Eine Chance sieht Siekmann auch darin, im Rahmen von SWG 2015 strategisch sinnvolle Kooperationen mit anderen Versorgern einzugehen. Dabei geht es darum, das eigene Portfolio durch die Stärken des anderen Partners optimal zu ergänzen. Mit acht Unternehmen wurden hier erste Gespräche geführt und demnächst soll ein weiterer gemeinsamer Termin stattfinden.

Das technische Know-how der Stadtwerke Gießen auf dem Gebiet der Wärme- und Kälteerzeugung und der Wärme- und Kälteverteilung, insbesondere bei der Erzeugung von Wärme aus Holz, wird zunehmend auch von Partnern aus der Region geschätzt. Hier sehen die SWG für die Zukunft ein großes Vermarktungspotential.

Nach wie vor eine Herausforderung bleibt die Zukunft des Nahverkehrs in Gießen. Dazu Manfred Siekmann: „Wir werden alles dafür tun, dass wir auch in Zukunft den Nahverkehr für Gießen und Umgebung erbringen können. Denn unser Konzept ist das Beste für die Region. Dafür werden wir vor Gericht weiter kämpfen.“

Konzern

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