SWG: Ökostrom bereits für alle Haushalte

Der Strom für Privatkunden ist in Gießen bereits heute atomkraftfrei. Nun stellten die Stadtwerke Gießen ihre Zukunftsstrategie in Sachen Energiewende vor und präsentierten das neue Ökostromprodukt.

Bei einem Pressetermin am Donnerstag, dem 21. April, in der Gießener Lahnstraße stellten die beiden SWG-Vorstände Manfred Siekmann und Reinhard Paul die Position des Unternehmens in der aktuellen Atomkraftdebatte dar. Außerdem informierten sie gemeinsam mit Unternehmenssprecherin Ina Weller umfassend über die derzeitige und zukünftige Strategie des regionalen Energieversorgers in Sachen Energiebeschaffung und Eigenerzeugung.

„Bereits heute beliefern wir alle unsere Haushaltskunden mit Ökostrom“, erläuterte der Vorstandsvorsitzende Manfred Siekmann anhand einiger Kennzahlen der SWG: So werden derzeit bereits von den rund 275  Millionen Kilowattstunden Strom, welche die SWG  im Jahr an Privatkunden verteilen, rund 40 Prozent, also 109 Millionen Kilowattstunden, in effizienter Kraft-Wärme-Kopplung direkt bei den SWG erzeugt. Weitere 170 Millionen Kilowattstunden an zertifiziertem Ökostrom kaufen die Stadtwerke ergänzend hinzu. „Bereits seit Anfang 2010 sieht unsere Beschaffungssituation so aus. Unsere Kunden haben wir dennoch nicht mit Mehrkosten belastet“, so Manfred Siekmann. Die kommende Stromkennzeichnung, welche alle Versorger derzeit rückwirkend für das Jahr 2010 erstellen, wird bei den Produkten für die Privatkunden daher einen Kernkraftanteil von null Prozent ausweisen. Das gelte für alle Haushaltskunden der SWG und nicht nur für diejenigen, die derzeit ein ausgewiesenes Ökostromprodukt beziehen.

Der Verzicht auf Strom aus Kernkraft sei für die Privatkunden der SWG nur zu realisieren gewesen, weil die Stadtwerke bereits seit Anfang der 80er-Jahre eine dezentrale und effiziente Strom- und Wärmeerzeugung mit eigenen Anlagen aufgebaut hätten, wie der technische Vorstand der Stadtwerke Reinhard Paul anmerkte. „Mit unseren mehr als 50 Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit einer elektrischen Leistung von fast 25.000 kW können wir in der ökologischen Debatte ohne weiteres mithalten“, so Reinhard Paul. Denn wesentlich für eine echte Energiewende sei vor allem der Bau von neuen und damit möglichst umweltschonenden Anlagen, die alte Großanlagen ablösten. Allein in 2011 kommen weitere 5.000 kW hinzu. Die von den SWG gebauten Blockheizkraftwerke, die Biogasanlage in Großen-Buseck und die Energiezentrale des Rhön-Klinikums mit ihrer Brennstoffzelle erfüllten diese Anforderungen im vollem Umfang.

 

Ökostrom-Produkte kritisch hinterfragen

Wichtig sei in der gesamten Ökostromdebatte der kritische Blick des mündigen Kunden hinter die Kulissen, mahnten beide Vorstände. Ursache sei die Beschaffenheit des europäischen Stromnetzes. Dieses lasse eine direkte Lieferung von an der Küste erzeugtem Windstrom nach Mittelhessen schon rein physikalisch überhaupt nicht zu – auch wenn dieser Eindruck vielfach erweckt werde. Deshalb kämen in der Praxis zwangsläufig verschiedene Zerftifikate zum Einsatz, welche die Einspeisung des Ökostroms in das Netz beglaubigten, der an anderer Stelle verkauft werde. Viele dieser Zertifikate stünden nicht automatisch für den Bau neuer Energieerzeugungsanlagen, während in Gießen die Stadtwerke ihre Eigenerzeugung immer weiter ausbauten, ohne dafür dem Privatkunden einen Aufschlag abzuverlangen oder ein spezielles Zertifikat auszugeben. Diesen Weg wollten die SWG konsequent weiter verfolgen: „Bis 2020 werden wir voraussichtlich rund 50 Prozent unseres Stroms, der an die Haushalte geht,  mit eigenen Anlagen produzieren und den Rest als Ökostrom hinzukaufen. Außerdem wollen wir auch aktiv den Zubau solcher Anlagen fördern und planen bis 2020 Beteiligungen an EE-Anlagen für etwa 25 Prozent unseres Haushaltskundeabsatzes“, erklärte Reinhard Paul. Das Ziel sei immer der Ersatz alter Anlagen durch neue umweltfreundlichere – der einzig sichere Weg, die Struktur der Stromproduktion in Deutschland nachhaltig zu verändern.

 

In die gleiche Kerbe schlagen die SWG derweil mit ihrem neuen Ökostromprodukt „Natura“, welches den bisherigen „Balance Naturstrom“ ablöst. Der Arbeitspreis pro Kilowattstunde fällt nun günstiger aus als beim Vorgängerprodukt und die Kriterien der Zertifizierung wurden zwischenzeitlich nochmals verschärft. Das neue Produkt „Natura“ gibt es je nach Strombedarf in den Varianten „Prima“, „Familia“ und „Profi“, wobei sämtliche Tarife durch das „Grüner Strom Label in Gold“ abgesichert sind. Dabei handelt es sich um eines der strengsten Zertifikate überhaupt. Es garantiert nicht nur die Einspeisung von kernkraftfreiem Ökostrom ins Netz wie normale Produkte dieser Kategorie, sondern vor allem auch den Ausbau erneuerbarer Energien über die Finanzierung entsprechender Erzeugungsanlagen. Diese wiederum liefern einen wirksamen Beitrag zur Energiewende. „Kunden der Stadtwerke, die das bisherige Ökostromprodukt beziehen, können einfach auf das neue Angebot umsteigen und damit den Ausbau regenerativer und klimaneutraler Energien bewusst forcieren“, versprach Unternehmenssprecherin Ina Weller. Wichtig sei es zu verstehen, so Ina Weller, dass es nicht primär um den Begriff „Ökostrom“ gehen dürfe, sondern um die dahinter stehenden Anlagen am Ort des tatsächlichen Verbrauchs und die langfristige Strategie dahinter. Die Strategie der Stadtwerke für eine umweltfreundliche Energieerzeugung fuße daher auf einer ausgewogenen Mischung effizienter und umweltschonender Stromerzeugung durch immer mehr eigene Anlagen, dem Ausbau eigener EEG-Anlagen im Versorgungsgebiet der SWG, der Beteiligung an EEG-Anlagen und dem preiswerten Verkauf von Ökostrom in möglichst hoher Qualität. Grundsätzlich bestehe die Aufgabe der SWG aber darin, dass sich Kunden sicher sein könnten, nachhaltig erzeugte Energie zu beziehen. Das habe man allerdings bereits heute schon weitgehend erreicht.

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