SWG dämpfen Anstieg beim Erdgaspreis

Mit dem Inkrafttreten des Brennstoffemissionshandelsgesetzes und der damit einhergehenden Einführung einer Bepreisung für CO2 verteuert der Staat fossile Energieträger. Bei den SWG betrifft dies die Preise für Erdgas und Fernwärme. Die Strompreise bleiben stabil.

Um den Klimaschutz voranzutreiben und die damit verbundenen ambitionierten Einsparziele zu erreichen, hat der Bundestag das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) verabschiedet. Mit ihm bekommt CO2 auch für Endkunden einen Preis: Ab dem 1. Januar 2021 kostet jede ausgestoßene Tonne 25 Euro.
Dieser staatliche Aufschlag verteuert fossile Energieträger – also Benzin, Diesel, Heizöl, Flüssiggas und Erdgas. Tatsächlich sieht das BEHG ausdrücklich vor, dass sogenannte Inverkehrbringer – sprich Händler wie die Stadtwerke Gießen (SWG) – den Aufschlag in die Endpreise einzukalkulieren und an den Staat abführen. Erklärtes Ziel ist es, fossile Energieträger für Endkundinnen und -kunden sukzessive unattraktiver zu machen und gleichzeitig Anreize dafür zu schaffen, verstärkt auf Erneuerbare umzusteigen.
Beim CO2-Preis handelt es sich also um ein politisches Steuerungsinstrument. Um dessen Wirkung zu erhöhen, stehen bereits die künftigen Steigerungen fest: Bis 2023 erhöht er sich jährlich um fünf Euro, 2024 auf 45 und 2025 auf 55 Euro pro Tonne. Ab 2026 soll der Aufschlag weiter steigen, dann aber in einem Korridor zwischen 55 und 65 Euro pro Tonnen und abhängig von den tatsächlichen Emissionen. Geplant sind Auktionen, in denen der Markt den Preis bestimmt.
„Als regionaler Energiedienstleister betrachten wir es als eine unserer zentralen Aufgaben, unseren Kundinnen und Kunden zu helfen, die Auswirkungen der absehbaren Preisanstiege abzumildern“, erklärt Ina Weller, SWG-Unternehmenssprecherin und Leiterin der Abteilung Marketing & Vertrieb. Genau zu diesem Zweck unterhält das Unternehmen die Energieberatung im SWG-Kundenzentrum am Marktplatz. Obwohl der Publikumsverkehr aufgrund der aktuellen Corona-Situation ausgesetzt ist, geben die Expertinnen und Experten ihr Know-how weiter. „Rufen Sie an oder schreiben Sie eine E-Mail, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen gern bei der Reduktion des individuellen Energieverbrauchs“, verspricht Ina Weller.

Preisanstieg abgemildert
Mit der Erhebung des CO2-Aufschlags macht der Staat unter anderem Erdgas und Fernwärme bewusst teurer. „Auch wir müssen die neue, politisch festgelegte Komponente in unsere Erdgas- und Fernwärmepreise einkalkulieren“, erklärt Jens Schmidt, Kaufmännischer Vorstand der SWG. Für Erdgas bedeutet dies einen Anstieg um 0,455 Cent pro Kilowattstunde netto. Bei den SWG geht allerdings noch ein anderer Faktor in die Rechnung ein: Dank einer ausgeklügelten Beschaffungsstrategie konnten die SWG den Brennstoff vergleichsweise günstig einkaufen. „Das versetzt uns in die Lage, unsere Endpreise lediglich um rund 0,3 Cent pro Kilowattstunde anheben zu müssen“, freut sich Jens Schmidt. Und ergänzt: „Ohne den neuen Posten für das CO2 hätten wir unsere Gaspreise spürbar gesenkt.“ Für einen Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von zirka 27.350 Kilowattstunden pro Jahr bedeutet dies monatliche Mehrkosten in Höhe von etwa 6,83 Euro.
Obwohl Fernwärme in Gießen schon zu weiten Teilen regenerativ entsteht, müssen die SWG nach wie vor Erdgas für deren Erzeugung einsetzen. Folglich macht sich der CO2-Aufschlag hier bemerkbar. „Wir kommen nicht umhin, unsere Preise auch in diesem Sektor anzupassen“, gibt Matthias Funk, Technischer Vorstand der SWG, zu bedenken.

Strompreise bleiben stabil
In gewisser Weise ist auch der Strompreis vom BEHG betroffen. Denn um die Belastung zu kompensieren, hat der Gesetzgeber eine Senkung der EEG-Umlage beschlossen. Für 2021 liegt sie bei 6,5 Cent pro Kilowattstunde und damit 0,256 Cent unter dem Vorjahr. Ohne die Zuschüsse aus dem Konjunkturpaket und die Entlastung aus den Einnahmen des CO2-Aufschlags wäre die Umlage auf über 9 Cent pro Kilowattstunde geklettert. Die Deckelung genügt aber nicht, um die Preise zu senken. Denn parallel stiegen sowohl die Umlage nach § 19 NEV, die Umlage für abschaltbare Lasten und die KWKG-Umlage. „Alles in allem sind wir froh, die Preise für Strom stabil halten zu können“, fasst Jens Schmidt zusammen.

Ab 2021 CO2-neutrale Energie
Eine weitere gute Nachricht: Ab 2021 kompensieren die SWG alle CO2-Emissionen, die sie verursachen – sei es durch von ihnen geliefertes Erdgas oder durch die Produktion von Fernwärme und Strom. „Jede Kilowattstunde Energie, die wir im Privat- und Gewerbekundensegment verkaufen, ist ab Januar CO2-neutral“, freut sich Matthias Funk. „Also leistet jeder unserer Kunden und Kundinnen mit jeder Kilowattstunde, die er oder sie bei uns kauft, einen Beitrag zur Verbesserung des Klimas auf unserer Erde“, ergänzt Jens Schmidt. Denn die SWG kompensieren die Emissionen über den Kauf von sogenannten Verified-Emission-Reduction-Zertifikaten bei Deutschlands Top-Anbieter in diesem Segment – der First Climate AG mit Sitz in Bad Vilbel.
Das inzwischen etablierte Verfahren ist international anerkannt und funktioniert so: Die SWG erwerben Emissionszertifikate des Verified Carbon Standards. Diese Zertifikate veräußern Betreiber, die mit ihren Projekten CO2 einsparen – etwa mit Windkraft-, Wasserkraft- oder Photovoltaikanlagen –, aber auch mit großflächigen Aufforstungen. Zentraler Punkt: All diese Unternehmungen existieren nur, weil die Einnahmen aus dem Zertifikatehandel ihren wirtschaftlichen Betrieb garantieren oder ihr Entstehen überhaupt erst ermöglichen. Deshalb befinden sich praktisch alle Projekte, für die solche Zertifikate ausgegeben werden, außerhalb Europas. Also in Ländern, in denen ohne diese finanzielle Unterstützung viel billigere Kohlekraftwerke gebaut würden. Dieses wichtige Detail ist entscheidend für den positiven Effekt auf das Klima. Denn dank der freiwilligen Kompensation können immer mehr saubere Kraftwerke echte Dreckschleudern ersetzen.
Für die korrekte Bilanzierung sorgt ein zentrales Register, in dem die Zertifikate erfasst werden. Immer dann, wenn ein Unternehmen wie die SWG ein Zertifikat kauft, wird es entwertet, damit es kein zweites Mal in den Handel gelangen kann. Dieser Vorgang ist öffentlich und folglich transparent und nachvollziehbar.
 „Wir haben uns entschieden, Zertifikate eines Wasserkraftwerks in Indien zu kaufen“, erläutert Jens Schmidt. Sie decken zirka 130.000 Tonnen CO2 jährlich ab, eben die Menge, die in Gießen noch auf absehbare Zeit aufgrund der Verbrennung von Erdgas entsteht – mit sinkender Tendenz. Dass diese Reduktion zigtausend Kilometer entfernt passiert, ist für das Klima irrelevant. Hier zählt einzig die Senkung des Kohlendioxidausstoßes insgesamt. Die aus der CO2-Kompensation resultierenden Kosten übernehmen die SWG. „Für unsere Kundinnen und Kunden ändert sich nichts“, versichert Jens Schmidt.

Neues Angebot
Über das freiwillige Engagement hinaus erweitern die SWG ihr Angebot um einen reinen Ökostrom-Tarif. „Wer sich persönlich für noch mehr Klimaschutz engagieren möchte, kann ab Dezember schon Strom aus 100 Prozent Wasserkraft beziehen“, verrät Jens Schmidt. Weil sich die elektrische Energie aber nicht physisch vom gewählten Anbieter nach Mittelhessen leiten lässt, greifen die SWG auch hierfür auf Zertifikate zurück: Streng kontrollierte Herkunftsnachweise stellen sicher, dass der Produzent nur genau so viel Strom als echten Ökostrom vermarkten kann, wie tatsächlich entsteht.
Wegen der exakten Bilanzierung wirkt sich auch diese Form des Stromhandels positiv auf den Klimaschutz aus. „Klar, viele Wasserkraftwerke sind schon Jahrzehnte am Netz, tragen also schon lange zur Stromversorgung bei. Aber je mehr Menschen genau den mit ihnen produzierten Strom nachfragen, desto knapper wird das Angebot auf dem Markt. Folglich braucht es zusätzliche regenerative Erzeugungskapazität. Und das sorgt dafür, dass Ökostrom den aus konventionellen Quellen sukzessive aus dem Markt drängt“, erklärt Jens Schmidt den Zusammenhang. Das grundsätzliche Prinzip gleicht also dem, das bei der CO2-Kompensation zum Einsatz kommt. „Preislich wird das neue Produkt trotz der besseren Herkunftsqualität sogar noch unterhalb unserer Grundversorgung liegen“, verkündet Jens Schmidt und erläutert weiter, “Wir setzen damit ganz bewusst ein Zeichen für den günstigen Zugang zur  ökologischen Nachhaltigkeit für unsere Stromkundinnen und –kunden. Damit wir allerdings hierfür besser planen können, wird es dieses Produkt nur mit einer einjährigen Laufzeit geben.“

Demnächst auch direkt in der Region
Über die CO2-Kompensation und den neuen Ökostromtarif hinaus planen die SWG ein ganz konkretes Klimaengagement in der Region. Die Idee dazu entstand bei einem Gespräch mit den Experten von First Climate. Sie empfehlen ihren Kunden üblicherweise, an Bergwaldprojekt e. V. zu spenden. Die seit vielen Jahren aktiven Umweltschützer treiben derzeit deutschlandweit knapp 60 Projekte voran. Dabei beschäftigen sie sich mit dem Erhalt und der Pflege von Wäldern und Kulturlandschaften. Wesentlicher Bestandteil ihres Konzepts ist, Menschen für die Belange des Waldes und ihre Abhängigkeit davon zu sensibilisieren.
„Zunächst einmal spenden die SWG 1.500 Euro für laufende Projekte im Kellerwald, im Knüll und in der hessischen Rhön“, erklärt Matthias Funk. Doch das soll erst den Anfang einer längeren, sehr viel engeren Kooperation markieren. Tatsächlich möchten die SWG mit den Fachleuten von Bergwaldprojekt e. V. ausloten, wo in der Region Aufforstungen mit wärmeresistenteren Baumarten, Renaturierungen oder ähnliche Maßnahmen besonders nötig sind. Matthias Funk kündigt an: „Ich bin sicher, dass wir gemeinsam ein geeignetes und nachhaltiges Projekt finden, starten und über lange Zeit begleiten.“

Zurück