Stadtwerke Gießen AG stellen Hintergründe zu den betriebsbedingten Kündigungen richtig

SWG haben Überleitungsvertrag nicht gebrochen

In den letzten Tagen wurde in der Presse mehrfach über die betriebsbedingten Kündigungen berichtet, die die Stadtwerke Gießen AG (SWG) gegenüber einer kleinen Zahl ihrer Busfahrer ausgesprochen haben. Auch in der Politik hatten die Kündigungen Wirbel ausgelöst. So warfen SPD-Stadtverbandsvorsitzender Gerhard Merz und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johannes Loheide den Stadtwerken einen „glatten Vertragsbruch“ des im Zuge des AG-Umwandlung abgeschlossenen Personalüberleitungsvertrages vor.„Betriebsbedingte Kündigungen sind nie angenehm. Besonders für uns nicht, denn wir mussten solche Kündigungen zum ersten Mal aussprechen. Deswegen liegt es uns besonders am Herzen, richtig zu stellen, wie es zu diesen Kündigungen gekommen ist. Denn in der bisherigen Berichterstattung sind einige Fakten nicht richtig wiedergegeben worden. Auch die Vorwürfe von politischer Seite treffen so nicht zu. Deshalb haben wir uns zu einer Richtigstellung entschlossen“, so der SWG-Vorstandsvorsitzende Manfred Siekmann beim gestrigen Pressetermin.

SWG sind nicht vertragsbrüchig: Personalüberleitungsvertrag schließt nicht generell betriebsbedingte Kündigungen aus
Im Zuge der Umwandlung der Stadtwerke Gießen von einem städtischen Eigenbetrieb in eine Aktienge-sellschaft wurde im Februar 2001 ein Personalüberleitungsvertrag geschlossen. Diese tarifvertragliche Vereinbarung sollte alle Beschäftigten der SWG davor schützen, ihren Arbeitsplatz im Falle einer privat-rechtlichen Insolvenz als Folge der Rechtsformumwandlung zu verlieren. Nur für diesen eingegrenzten Geltungsbereich schließt der Personalüberleitungsvertrag betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2007 aus. Anderweitig begründete betriebsbedingte Kündigungen (und um solche handelt es sich hier) sind davon ausdrücklich nicht betroffen. Auf drei der insgesamt fünf gekündigten Fahrer trifft der Personalüberleitungsvertrag im übrigen sowieso nicht zu, da sie zu der Zeit, als der Vertrag abgeschlossen wurde, noch nicht bei den SWG beschäftigt waren.

Auslöser für Kündigungen:
Entfristungsklagen von fünf Busfahrern

Bedingt durch den von europäischen und hessischen Behörden verordneten Kostendruck haben die SWG bereits in 2001 ihre Anstrengungen zur Kosteneinsparung im personellen und organisatorischen Bereich verstärkt. Im personellen Bereich wurden, um Einsparungen zukünftig zu realisieren, nur noch zeitlich befristete Einstellungen vorgenommen. Im Zeitraum Januar bis Mai 2006 ergab die Ermittlung des Personalbedarfs für den Nahverkehr, dass ein Personalüberhang von acht Fahrern bestand. Ursachen dieses Überhangs waren unter anderem eine Umstellung des Fahrplans im Dezember 2005 und eine seit Jahren kontinuierlich gesunkene Überstundenzahl des Personals. Dieser Personalüberhang sollte ausdrücklich ohne Kündigungen, nämlich durch das Auslaufen befristeter Verträge und durch Altersteilzeitverhältnisse, ausgeglichen werden.Fünf Busfahrer haben das in den Arbeitsverträgen vereinbarte Auslaufen der Verträge zu Ende Juni nicht akzeptiert und auf Weitergeltung ihrer Verträge geklagt. Diesen Entfristungsklagen wurde in erster Instanz stattgegeben und die SWG haben beim Landesarbeitsgericht (LAG) Berufung eingelegt. Bis zu einer Entscheidung vor dem LAG wäre damit ein ungeplanter Personalüberhang von fünf Fahrern bestehen geblieben. Vor dem Hintergrund des bestehenden Kostendrucks waren die SWG daher genötigt, ersatzweise fünf Beendigungskündigungen auszusprechen. „Solche Kündigungen kann ein Unternehmen nicht nach Gutdünken an irgendwelche Mitarbeiter aussprechen, sondern es muss hierfür eine Sozialauswahl stattfinden. Daran haben wir uns selbstverständlich gehalten“, so Vorstandsmitglied Reinhard Paul zur Vorgehensweise. „In diese Sozialauswahl mussten wir alle Busfahrer der SWG einbeziehen. Dadurch sind zwei „Entfristungskläger“ aus der Gruppe heraus gefallen. An ihrer Statt mussten wir zwei unserer unbefristet be-schäftigten Busfahrer kündigen.“ Insgesamt haben die SWG also fünf und nicht wie dargestellt zehn Busfahrern gekündigt.

Angebot einer Weiterbeschäftigung bei MIT.BUS keine Maßnahme der Kostensenkung
Unternehmenssprecherin Ina Weller zum Vorwurf, die SWG nutzten die Kündigungen nur, um teure Fahrer billiger bei der Nahverkehrstochter MIT.BUS GmbH einzustellen: „Wir haben uns erst im Zuge der gerichtlichen Verhandlungen über die Entfristungsklagen entschieden, den von der Kündigung betroffenen Beschäftigten als Kompromisslösung ein Be-schäftigungsverhältnis bei unserer Tochtergesellschaft MIT.BUS GmbH anzubieten. Dies war auch nur deswegen für zwei Beschäftigungsverhältnisse möglich, weil bei MIT.BUS zwei Befristungen ausliefen und diese Arbeitsplätze zur Wiederbesetzung anstanden. Anders, als in der Presse dargestellt, hat keiner der Gekündigten von dem Angebot Gebrauch gemacht.“

Überstunden sind erst nach den Kündigungen angefallen
In der bisherigen Presseberichterstattung wird die Notwendigkeit von Kündigungen mit dem Hinweis auf „eine Masse an Überstunden“, die die Fahrer zu leisten haben, in Zweifel gezogen. Dazu Ina Weller: „Von einer Masse an Überstunden kann überhaupt nicht die Rede sein. Ganz im Gegenteil: Noch im Mai verzeichneten wir einen historischen Tiefstand bei den Überstunden. Erst nachdem wir den beiden unbefristet Beschäftigten gekündigt haben, sind die Fehlzeiten bei unseren Fahrern sprunghaft gestiegen und damit auch die Zahl der zu leistenden Überstunden.“

SWG hätten diese Kündigungen gerne vermieden
SWG-Vorstandsvorsitzender Manfred Siekmann: „Sie können mir glauben: Wir hätten diese Kündigungen aus Rücksicht auf unsere Mitarbeiter, aber auch aus Rücksicht auf den guten Ruf unseres Unternehmens gerne vermieden. Und nach unserem ursprünglichen Plan hätte sich der erforderliche Personalabbau auch sozialverträglich, d.h. ohne Kündigungen verwirklichen lassen. Leider blieb uns jedoch bei der geschilderten Entwicklung keine andere Wahl.“

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