Stadtwerke antworten auf Fragen des Gießener Mietervereins

Die Stadtwerke Gießen AG (SWG) nehmen zu den vom Gießener Mieterverein veröffentlichten Fragen wie folgt Stellung:Frage 1: Wie erklären Sie den Kunden, dass nach einer Untersuchung der EU die Gaspreise in Deutsch-land um 15 % höher liegen als im europäischen Durchschnitt? Warum haben Länder wie Großbritan-nien mit einem liberalisierten Gasmarkt deutlich niedrigere Preise?Entgegen der vom Mieterverein angeführten Unter-suchung der EU kommt eine aktuelle Untersuchung von Energy Advice, London, zu einem anderen Er-gebnis. Nach dieser Studie liegen die Erdgaspreise für Haushalte in Deutschland lediglich im europäi-schen Mittelfeld und nicht, wie angeführt, um 15% höher als der europäische Durchschnitt. Eine Ursache für unterschiedliche Preishöhen: In den europäischen Staaten ist die Höhe der Steuern und Abgaben unterschiedlich. In Deutschland schöpft der Staat nach Angaben des Bundesverbandes der deut-schen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) derzeit 30 Prozent der Haushaltsgaspreise ab.Übrigens sind in allen untersuchten Ländern - auch in Großbritannien, wo z.T. auf die Ölpreisbindung in den Verträgen verzichtet wird - in den letzten 12 Mona-ten die Erdgaspreise erheblich gestiegen, so Energy Advice. Das zeigt, dass sich kein Land von der welt-weiten Energiepreisentwicklung abkoppeln kann. Eine zweite Ursache: Die Anforderungen an die tech-nische Sicherheit und die Versorgungssicherheit sind in Deutschland zum Schutz der Kunden sehr hoch. In einigen europäischen Ländern sind diese Anforderun-gen deutlich geringer. Zur Aufrechterhaltung dieser Sicherheitsstandards ist ein erheblicher Aufwand nö-tig, dieser bildet sich natürlich ebenfalls in den Prei-sen ab.In Großbritannien ist Erdgas preiswerter zu beziehen als bei uns. Neben den bereits erwähnten Gründen liegt das daran, dass Großbritannien über weitrei-chende heimische Produktionsstätten verfügt. Anders ist die Situation in Deutschland: Der Gasbedarf wird bei uns nur zu ca. 19 % aus heimischen Quellen be-friedigt. Der größte Teil muss importiert werden. Für Deutschland bringt dies hohe Transportkosten für das Gas aus Sibirien, Norwegen, den Niederlanden und Großbritannien mit sich. Allerdings gehen die britischen Erdgasvorkommen rapide zur Neige. Wie sich diese auf die Preise dort auswirkt, bleibt abzu-warten. Frage 2: Warum fährt einer Ihrer Vorlieferanten , die E.ON – im Kartell der Gasimporteure in Deutsch-land der größte – einen Unternehmensgewinn von 3 Mrd. Euro ein?Für eine genauere Erläuterung der Unternehmens-gewinne müsste sich der Mieterverein an die E.ON Ruhrgas direkt wenden. Generell sind die SWG nicht mit einem Unternehmen wie der E.ON Ruhrgas AG zu vergleichen, wie es durch die zum Teil unsachliche Kritik in Öffentlichkeit und Medien geschehen ist. Innerhalb der Gaswirtschaft gibt es auf unterschiedli-chen Versorgungsstufen eigenständig handelnde Un-ternehmen. Die E.ON Ruhrgas gehört zu den Förder- und Importgesellschaften, die Erdgas aus Lagerstät-ten in Deutschland fördern oder Erdgas von ausländi-schen Lieferanten beschaffen und dieses Erdgas an überregionale, regionale und örtliche Gasversor-gungsunternehmen sowie an Industriebetriebe ver-kaufen. Die SWG sind ein regionales Gasversor-gungsunternehmen und beliefern als Endverteiler die privaten Haushalte, Gewerbe- und Industriebetriebe.Als Endverteiler sind wir derzeit in der schwierigen Lage, einen erhöhten Gaspreis an unsere Kunden weitergeben zu müssen, der nicht auf unserer Markt-stufe entstanden ist, sondern uns von unserem Vor-lieferanten in Form eines erhöhten Bezugspreises in Rechnung gestellt wird. Hintergrund dieses gestiege-nen Bezugspreises ist der steigende Ölpreis am Weltmarkt, dieser wirkt über die Ölpreisbindung in den langfristigen Lieferverträgen mit der E.ON Ruhr-gas AG direkt auf unseren Bezugspreis. Auch wir sind über die Höhe der Gewinne, die auf der Marktstufe der E.ON Ruhrgas AG ausgewiesen wer-den, erstaunt. Diese Summen belegen doch, an wel-cher Stelle in der Gaswirtschaft das große Geld ver-dient wird. Zur Entstehung des Unternehmens E.ON Ruhrgas, des größten Unternehmens im Oligopol der Gasim-porteure hat die Politik beigetragen. Die Fusion bei-der Unternehmen wurde seinerzeit vom Kartellamt untersagt. Der damalige Wirtschaftsminister Müller und Staatssekretär Tacke haben die Fusion dann per Ministererlaubnis durchgesetzt. Mit den Folgen dieser Entscheidung haben auch wir als Endverteiler heute zu leben. Frage 3: Warum folgen die Stadtwerke Gießen nicht dem Beispiel einiger lokaler Gasversorger in NRW, die ihre Preiskalkulation offen legen und damit den Nachweis erbringen, dass sie nur die Erhöhung ihrer Vorlieferanten weitergeben?Als erstes Unternehmen werden sich die Stadtwerke Lünen an dem vom Mieterverein angesprochenen Verfahren in NRW beteiligen. Offenlegung der Kalku-lation bedeutet aber in diesem Verfahren lediglich, dass das Gasversorgungsunternehmen seine Preis-änderungen nach oben oder unten von unabhängigen Wirtschaftsprüfern prüfen lässt. Ein Vergleich unserer Preise mit denen der Stadtwer-ke Lünen zeigt, dass wir deutlich günstiger sind. Ein Kunde mit einem Jahresverbrauch von 30.000 Kilo-wattstunden (kWh) zahlt bei den Stadtwerken Lünen für seinen Gasverbrauch jährlich 1.653,60 EUR. Bei den SWG zahlt derselbe Kunde lediglich 1.545 EUR im Jahr.Im übrigen werden unsere Preise, wie von allen an-deren Gasversorgern in Hessen auch, vom Landes-kartellamt abgefragt. Die SWG gehören nicht zu den Unternehmen, die vom Landeskartellamt zu Preis-senkungen aufgefordert wurden. Wieder ein Beleg, dass wir vergleichsweise günstig anbieten. Besondere Aufmerksamkeit in Presse und Öffentlich-keit hat die Preisgestaltung der Mainova in Frankfurt erregt. Die aktuelle Preiserhöhung dort fand unter den Augen und mit Billigung des hessischen Wirt-schaftsministers Dr. Alois Riehl statt, der im Rahmen des Kartellverfahrens Einsicht in die Kalkulation und die Bezugskostensteigerung der Mainova erhalten hat. Die Erhöhung der Mainova fällt mit 0,68 Ct/kWh brutto stärker aus als die Erhöhung der SWG. Wir haben lediglich um 0,5 Ct/kWh brutto erhöht. Auch bei der Betrachtung der absoluten Preise schneiden die SWG deutlich günstiger ab. Während ein Haushalt mit 30.000 kWh Jahresverbrauch bei der Mainova im Jahr 1.705,30 EUR zahlt, sind es bei den SWG nur 1.545 EUR im Jahr. Auch dieser Vergleich spricht für sich. Die aufgeführten Beispiele belegen hinlänglich, dass unsere Preise und die Preiserhöhung zum 1. Oktober 2005 gerechtfertigt sind. Wir sehen daher keine Ver-anlassung, das zusätzliche Geld für die Überprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer in die Hand zu neh-men.Frage 4: Stimmt die Annahme, dass die Stadtwerke Gießen ihren Großkunden Gas zu Dumpingpreisen (d.h. zu Preisen unter den eigenen Kosten) verkau-fen, um diese Kunden nicht zu verlieren? (Man muss wissen: Großkunden dürfen den billigsten Anbieter aussuchen, Kleinabnehmer leider nicht)Diese Annahme stimmt definitiv nicht. Auch die Prei-se für unsere Großkunden haben wir wegen der Ent-wicklung der Ölpreise erhöhen müssen. Dies ist in den Verträgen mit diesen Kunden über eine soge-nannte Preisgleitklausel abgebildet. Was würde es für ein Wirtschaftsunternehmen – und nichts anderes sind wir – auch für einen Sinn machen, Kunden hal-ten zu wollen, bei deren Belieferung man noch drauf-legt?Auch die vom Mieterverein aufgestellte Behauptung, Großkunden beim Gas könnten sich den billigsten Gasanbieter aussuchen, während die Kleinabnehmer diese Wahl nicht hätten, geht vollkommen an der Realität vorbei. Es hat in der Vergangenheit nur ver-einzelte Fälle gegeben, in denen ein Großkunde zu einem anderen Versorger gewechselt hat. Das war aber nur in dem besonderen Fall möglich, bei dem der andere Versorger mit seinem Leitungsnetz in unmittelbarer Nähe dieses Kunden lag. Für die aller-meisten Kunden gibt es diese Möglichkeit derzeit nicht. In der Praxis ist die Durchleitung beim Gas noch nicht ausreichend geregelt, auch weil es beim Gas im Gegensatz zum Strom einen tatsächlichen Stofftransport gibt und Gas verschiedene Qualitäten aufweist. Dies mussten wir vor kurzem „am eigenen Leib“ er-fahren, als wir im Interesse unserer Kunden auf der Suche nach günstigeren Einkaufsmöglichkeiten für unser Erdgas waren. Wir haben zu unserem Bedau-ern keine solche Möglichkeit gefunden, da sich keine praktikable Lösung finden ließ, wie uns ein anderer Versorger mit Gas hätte beliefern können.

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