Erste Preisanpassung des Verrechnungspreises seit über 20 Jahren

Nach mehr als zwei Jahrzehnten heben die Stadtwerke Gießen zum 1. Januar 2020 die Verrechnungspreise für ihre Fernwärmekunden an. Arbeits- und Leistungspreise bleiben auf ihrem günstigen Niveau. Zudem verändern sich die Preisgleitklauseln.  

Ab Mitte dieser Woche erhalten alle rund 12.000 Fernwärmekunden eine Vertragskündigung von den Stadtwerken Gießen (SWG). Diese für einige Kundinnen und Kunden auf den ersten Blick nur schwer verständliche Maßnahme hat einen vergleichsweise einfach zu erklärenden Hintergrund: Die SWG müssen die Verträge zur Lieferung von Fernwärme an neue Gegebenheiten anpassen. „Wir würden auch lieber anders verfahren. Aber aus formaljuristischen Gründen kommen wir um die Vertragskündigung nicht herum“, erklärt Ina Weller, Unternehmenssprecherin der SWG. Und ergänzt: „Die Kündigung führt in keinem Fall zu einer Unterbrechung der Fernwärmeversorgung.“

Den Kündigungsschreiben liegen vorausgefüllte, neue Verträge bei. „Wir hoffen, dass wir all unsere Kunden weiterhin von unserem wirklich fairen Angebot überzeugen können“, führt Ina Weller weiter aus.

Änderungen im Vertragsverhältnis
Warum kommt es zu derartigen Eingriffen in das Vertragsverhältnis? Hauptgrund dafür ist die schon länger anstehende Anpassung des Verrechnungspreises. Dieser beläuft sich ab dem 1. Januar 2020 auf 125,82 Euro brutto im Jahr statt bisher 81,00 Euro brutto jährlich – ein Anstieg um 44,82 Euro brutto im Jahr oder rund 3,74 Euro brutto im Monat. „Auf den Gesamtbetrag bezogen bedeutet dies für die weit überwiegende Mehrzahl unserer Kunden lediglich eine Erhöhung zwischen zwei und sechs Prozent. Darüber hinaus haben wir unseren Verrechnungspreis mehr als 20 Jahre lang konstant gehalten. Jetzt mussten wir einfach handeln“, begründet Ina Weller das Vorgehen. Wichtig zu wissen: Trotz der Anpassung dieser Preiskomponente liegt Fernwärme von den SWG kostenmäßig immer noch deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Auch deshalb, weil die SWG sowohl den Arbeitspreis als auch den Leistungspreis zum 1. Januar 2020 auf dem Stand vom 1. Oktober 2019 halten können.

Neue Preisgleitklauseln
Der zweite wichtige Grund für die Vertragsnovellierung: Die SWG passen auch die Preisgleitklauseln beziehungsweise die in ihnen enthaltenen Formeln für die Berechnung der Preise an. Diese Vertragsklauseln sorgen dafür, dass die Lieferanten von Fernwärme steigende Kosten – vor allem für die eingesetzte Primärenergie – an ihre Kunden weiterreichen können. Gleichzeitig stellen sie sicher, dass sinkende Kosten automatisch zu Preissenkungen für die Kunden führen. Der Ausgestaltung dieser Klauseln setzt der Gesetzgeber enge Grenzen. So regelt Paragraph 24 der „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme“, kurz AVBFernwärmeV, ganz klar, dass die Kostenentwicklung für Erzeugung und Bereitstellung sowie die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt bei der Preisfindung angemessen berücksichtigt werden müssen.
Um dies und die nötige Transparenz zu gewährleisten, kommen in den Klauseln öffentlich zugängliche Indizes des Statistischen Bundesamts für die Kalkulation der Preise zum Einsatz. Für den Arbeitspreis ziehen die SWG also offizielle Werte für Erdgas- und Wärmepreise heran.
Weil nicht nur die Erzeugung der Fernwärme Geld kostet – sie wird über den Arbeitspreis bezahlt –, sondern auch deren Verteilung, gibt es den Leistungspreis. Mit ihm legen die SWG Material- und Personalkosten für den Bau und Betrieb der Anlagen und des Netzes auf die Fernwärmekunden um. Für die genaue Berechnung nutzen die SWG den Investitionsgüterindex des Statistischen Bundesamts und die Lohnentwicklung des Tarifvertrags für Versorgungsbetriebe. Nicht zuletzt enthalten die neuen Verträge ebenfalls eine Preisgleitklausel für den Verrechnungspreis. Auch hier dreht es sich um Material- und Personalkosten. Folgerichtig verfahren die SWG an dieser Stelle wie bei den Leistungspreisen.

Dritte Neuerung
Neben dem neuen Verrechnungspreis und den angepassten Preisgleitklauseln haben die SWG eine weitere Veränderung an den Fernwärme-Lieferverträgen vorgenommen: Preisänderungen sind nur noch zum 1. April und zum 1. Oktober möglich. Die bislang verfügbare dritte Option zum 1. Januar entfällt ersatzlos.
„Für den Aufwand, der durch den nötigen Versand der Kündigungen und die neuen Vertragsabschlüsse entsteht, bitten wir alle Fernwärmekundinnen und -kunden um Entschuldigung. Aber nur so war es möglich, die zentralen Änderungen im Vertragswerk rechtssicher für beide Partner umzusetzen“, fasst Ina Weller zusammen. Die neuen Verträge indes zeichnen sich wie ihre Vorgänger durch Transparenz und Fairness aus. Und an den vielen Vorzügen, die Fernwärme bietet, ändert sich ohnehin nichts: Gießener Fernwärme ist mit ihrem Primärenergiefaktor von 0,27 aus ökologischer Sicht von keinem herkömmlichen Heizsystem zu schlagen. Und wer wirklich alle entstehenden Kosten ehrlich zusammenrechnet und zudem den Faktor Komfort berücksichtigt, kommt üblicherweise zu dem Schluss, dass Fernwärme von den SWG auch wirtschaftlich überzeugt.


Fragen zur Fernwärme und zu den Tarifen beantworten die Beraterinnen und Berater der SWG von Montag bis Freitag zwischen 7 und 19 Uhr unter der Servicenummer 0800 2302 100 (kostenlos aus den deutschen Netzen). Darüber hinaus finden sich alle Informationen auch im Internet unter: www.swg-energie.de/privatkunden/waerme

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